„Ich bin Malala.“

Susanne Dobesch

Das war letzte Satz, den Malala Yousafzai, die 14-jährige Tochter eines Schuldirektors aus der Stadt Mingora im Schulbus sagte, bevor ihr aus nächster Nähe ins Gesicht geschossen wurde. Das Projektil durchschlug die linke Seite von Malalas Stirn, zertrümmerte Ober und Unterkiefer, trat seitlich wieder aus und blieb in der Schulter stecken.

Wer ist Malala, wo ist Malala fragten unmittelbar davor bewaffnete Männer, die den Schulbus gestoppt hatten.

Als das einzige Mädchen ohne Schleier vor dem Gesicht aufsah und antwortete, zog einer der bewaffneten Islamisten die Pistole und drückte ab.

Das alles geschah am 9. Oktober 2012. Und heute haben wir den 8. März 2013. Den internationalen Weltfrauentag.

Zu feiern haben wir nichts, solange junge Mädchen wie Malala auf dieser Welt erschossen, Frauen vergewaltigt werden, Genozide die Erdkugel heimsuchen. Nein, wir werden heute nicht über Erfolge, politische Statements und Quotenfrauen reden. Wir verdanken diese Veranstaltung im Rahmen des Österreichischen P.E.N.Clubs seinem Präsidenten Helmuth A. Niederle und der kenianische Autorin Philo Ikonya, die auf Grund des schrecklichen Attentates auf Malala die weltumspannende P.E.N Aktion „Time to Say: NO!“ ins Leben gerufen haben und an der sich zahlreiche Autoren aus verschiedenen Ländern beteiligt haben.

Was war Malals „Verbrechen“ in den Augen ihrer Fasttodesschützen ?

Die Obszönität, die ihr zu Lasten gelegt wurde, bestand darin, sich dafür einzusetzen, dass in ihrer Heimat auch Mädchen zur Schule gehen dürfen und dass sie diese Forderung auch öffentlich vertreten hat.

Nein, wir haben heute nichts zu feiern, angesichts einer Welt in der so etwas möglich ist. in einer Welt, die es zulässt, dass verbohrte rückschrittliche Killer Malala als ein Symbol der Ungläubigkeit und der Obszönität betrachten, die man nach Wunsch und Laune abschlachten kann.

Nein, wir haben nichts zu feiern, selbst jetzt nicht, wenn Malala immer noch schwer gezeichnet, aber lebend aus dem Krankenhaus in Birmingham entlassen wurde.

Allein in der Provinz Khyber zerstörten die Taliban 2011 246 Schulen und beschädigten 763 Schulen. Die Androhung von Gewalt seitens der pakistanischen Taliban führte dazu, dass Frauen und Mädchen praktisch keinen Zugang zur Bildung hatten und haben und nicht gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilnehmen können.
Und immer wieder sind Schulbusse Ziele der Attacken dieser Fanatiker.
Frauen und Mädchen werden in Pakistan rechtlich und faktisch schwerstens diskriminiert. Die offiziellen Zahlen lauten für das Jahr 2011 – die Dunkelziffer sei dahingestellt – 8539 Fälle von Gewalt gegen Frauen und Mädchen, darunter 1575 Morde, 827 Vergewaltigungen, 610 Fälle häuslicher Gewalt, 705 Ehrenmorde und 44 Säureangriffe.
Diese Frauen haben heute nichts zu feiern. Der Toten können wir nur gedenken, die Überlebenden nur bedauern.
Aber vielleicht können wir doch ein wenig mehr?
Wir können die Stimme erheben für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden. Wir können NEIN sagen, dass Frauen und Kinder terrorisiert und missbraucht werden für Rechte, die ihnen seit langem zustehen.

Frauen und Kinder sollen in Glück, Liebe und Verständnis leben, die der Geist der Charta der Vereinten Nationen einfordert.
It‘s „Time to Say: NO!“, weltweit und ohne Kompromiss, zu Missbrauch, Mord und Benachteiligung von Frauen. Ist time to say „I am Malala“, wie einst Kennedy in Berlin sagte: „Ich bin ein Berliner.“

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